Written by 15:37 Ausrüstung, Fernwandern, Outdoorküche, Vorbereitung • 3 Comments

[#E1NO] Erdäpfel / Kartoffeln dörren

Dieser Bericht ist zwar schon etwas älter, ich habe ihn jetzt im Zuge der Norwegen-Vorbereitungen wieder hervorgeholt und generalüberholt.

Wassermangel bei Wandertouren ist nur im Rucksack optimal – wenn man die Zutaten für seine Outdoorküche trocknet. Das ist einfach, kostengünstig und produziert neben der fantastischen Gewichtsreduktion eine über mehrere Monate haltbare Nahrung. Am besten geht das mit einem Dörrapparat, dessen geringe Anschaffungskosten in keinem Verhältnis zu den zu den vielen schönen Dingen stehen, die man damit anstellen kann. Denn neben den bekannten Opfern dörrwütiger Selbstversorger (Pilze, Beeren, Kräuter) lassen sich im Ofen beispielsweise auch Kartoffelscheiben trocknen, die auf Tour für die unterschiedlichsten Gerichte (und nicht nur für Pürree!) herhalten können. Wer es nicht selbst probiert hat, muss es einfach glauben: Verschiedenstes Gemüse wird nach dem rehydrieren (“einweichen”) wieder zumindet genauso knackig, wie es vorher war. Zumindest deshalb, weil sogar schon etwas schrumplige Pfefferonischoten zum Beispiel nach dem Einweichen wieder aussehen wie neu.

Zurück zu den zu dörrenden Kartoffeln, österreichisch Erdäpfel. Sie werden einfach in Räder geschnitten und getrocknet. Befragt man jedoch das Internet, was es zum Thema “Erdäpfel/Kartoffel dörren” zu sagen, hat, erhält man mitunter recht skurille Ergebnisse. Also mal ganz ehrlich – würdet Ihr zum Beispiel DAS essen wollen (ca. bei 05:10)?

Das Auge isst mit

Das Auge isst mit

Ich glaube dem Uploader, dass die Chips gut schmecken, aber aussehen tun sie fürchterlich. Aber immerhin hat er es selbst ausprobiert und das Ergebnis trotz Sichtprobe für gut befunden. Viele Anleitungen im Netz hinterlassen einen gänzlich anderen Nachgeschmack, der da eher lautet: “Nein, das hat der sicherlich NIE selber ausprobiert“. Vor allem, wenn jegliche Hinweise darauf fehlen, dass Kartoffeln Solanin enthalten, welches (a) bei Menschen Unverträglichkeiten auslöst und (b) beim Dörren nicht einfach verschwindet. Denn Solanin ist ein hitzebeständiges, nicht wasserlösliches Alkaloid, das man aus den Erdäpfeln nur rauskriegt, in dem man sie mit reichlich Wasser aufkocht, um das Solanin, welches sich dabei größtenteils aus dem Erdapfel verabschiedet, anschließend gemeinsam mit dem Kochwasser wegzuschütten. Zurück bleiben Restmengen, die unbedenklich sind, vor allem wenn man vorher alle Augen sowie (v.a. bei älteren Exemplaren) die Schale entfernt hat. Deshalb wäre es interessant zu wissen, ob sich das Gesicht des Youtube-Uploaders an die Farbe seiner Chips angleicht, wenn er einmal größere Mengen seiner – ohne vorheriges Abkochen getrockneten – Chips zu sich nimmt.

Aber egal, kommen wir zur Sache. Ich möchte in Zukunft statt Pürreepulver (das ich aber ehrlicherweise eh nie dabeihabe, weil ich es nicht soooo toll finde), richtige Kartoffeln mithaben, um Eintöpfe und dergleichen machen zu können. Kartoffeln enthalten große Mengen Vitamin C und auch äußerst hochwertiges Eiweiß. Und … *trommelwirbel*  … nach dem Dörren bleibt der Nährwert der Erdäpfel nahezu unverändert.

Und so geht’s.

1. Man nehme die gewünschte Anzahl Kartoffel.

Ausgangslage

Ausgangslage

Das Foto hat keinen großen Lehrwert, bietet aber am Ende eine Vergleichsmöglichkeit, wieviel Gewicht nun wirklich eingespart wurde.

2. Die Erdäpfel werden gewaschen, geputzt und in dünne Scheiben geschnitten. Je dünner, desto geringer die Dörrzeit, zu dünn soll’s halt auch nicht sein, wenn man bei der Verwertung nicht doch erst wieder Pürree haben will.
Ich habe mich aus Bequemlichkeitsgründen dazu hinreißen lassen, mir unterwegs meine tägliche Dosis Solanin einzuwerfen, und habe die Schalen draufgelassen:

Scheibe!

Scheibe!

3. Danach müssen die Radln blanchiert werden. Dazu kommen sie (am besten in einem Nudelsieb oder ähnlichem) für 8 Minuten ins kochende Wasser. Das Wasser kommt danach wie gesagt weg, und die Scheiben für ca. 10 Minuten in eiskaltes Wasser.

Heiß und kalt

Heiß und kalt

4. Sind die Scheiben abgekühlt, bekommen sie einen weißlichen, leicht durchsichtigen Touch. Sie werden nun etwas abgetrocknet und scheibchenweise auf die Etagen des Dörrautomates geschlichtet. Es versteht sich von selbst, dass überlappende Scheiben keine gute Idee sind. Alles in allem eine schöne, meditative Tätigkeit, die sich hervorragend dazu eignet, sich nebenher eingehend mit Richard Wagner’s Ringzyklus zu befassen.

Stück für Stück

Stück für Stück, Blech für Blech

Unser Dörrautomat hat ein hervorragendes Feature: Er hat EXAKT einen Knopf, nicht mehr und nicht weniger. Alle Überlegungen, mit welcher Temperatur man denn nun fortfahren sollte, sind damit hinfällig.

Wenden ist bei den meisten Dörrgeräten nicht notwendig, da die Luft gut von beiden Seiten dazukommt (Anmerkung: Bei Bananen z.B. ist das anders, da sich diese beim Trocknen nicht vom Rost “wegbiegen” und daher an den Auflagestellen feucht bleiben). Wenn man dazu zurechtgeschnittenes Backpapier (Loch in der Mitte nicht vergessen) dazwischengibt, spart man sich viel Herumfieselei.

Etwa drei Stunden sollten reichen, bis alles schön trocken ist. Bei einer Eingangsleistung von 250 Watt halten sich die Energiekosten in Grenzen, etwa 10 Cent sind zu veranschlagen. Rauskommen tut dann das hier:

Von 500 auf 100 in drei Stunden

Von 500 auf 100 in drei Stunden

Fertig! Die Konsistenz ist nun chips-ähnlich, jedoch nur fast. Wer es ganz knusprig haben will, muss die Räder noch ins Backrohr geben, für meine Zwecke ist das aber ganz gut so, denn ich will eh nicht, dass sie bei der leisesten Berührung zerbröseln.

Die Scheiben vorm Kochen in kaltes Wasser geben, bis sie die gewünschte Konstistenz haben. Man kann sie natürlich auch “weichkochen”, das kostet aber Kochertreibstoff.

Mahlzeit!

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Last modified: 30. Juni 2018
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