Written by 22:32 #E1NO, Ausrüstung, Fernwandern, Outdoorküche, Tourtagebuch, Vorbereitung • 16 Comments

#E1NO – Kochen wie die Nordmänner

Mein heuriges Sommerprojekt wird mich an den – so sagen es die Reiseprospekte – nördlichsten Zipfel des europäischen Festlandes führen (*). Mit dem Flieger geht es in vier Wochen nach Honningsvåg. Wie es der Zufall will, befindet sich dort auch der nördlichste Flughafen des Kontinents – und der letzte Supermarkt für die ersten zwei Wochen.

Honningsvåg (c) Wikipedia

Honningsvåg

Diesmal habe ich mir ein Reiseziel ausgesucht, das mich zur Abwechslung raus aus dem – mir mittlerweile sehr vertrauten – Alpenraum führt. Außerdem möchte ich gerne einmal auf den gewohnten Komfort verzichten, den man in unseren Breiten bei alpinen Hüttentouren genießt. Heuer soll es eine Selbstversorgertour werden, mit wenig Infrastruktur, um erst gar nicht in Versuchung zu kommen, beim ersten Käsespätzleangebot in gewohnte Verhaltensmuster zurückzufallen. Und vor allem: Ruhe. Ich mag das Geräusch, wenn keiner redet.

Die Finnmark scheint alle meine Wünsche zu erfüllen. Schon die Anreise ist super – der kleine Propellerflieger, der mich von Oslo weg zum Nordkapp bringt, muss unterwegs zweimal landen – um nachzutanken. Rund 2500 km weiter oben ist dann nicht mehr viel los: Der größte und gleichzeitig am dünnsten besiedelte Landesteil Norwegens bietet mir tage- oder wahlweise wochenlange Einsamkeit.

Finnmark (c) Wikipedia

Finnmark

Am 16. Juli stehe ich also geplanterweise dort oben. Wenn man vom Nordkapp Richtung Süden loszieht, hat man sie angeblich in jeder denkbaren Weise, diese Ruhe. Gute zwei Wochen dauert der Weg nach Kautokeino, mit knapp 3000 Einwohnern eine Metropole des Nordens. Dazwischen gibt es ein paar Selbstversorgerhütten und ein wenig Zivilisation nahe an der Staatsstraße, die man alle paar Tage mal streift. Ansonsten gilt, um es mit Eric Burdon zu sagen “all I own is hanging on my back”.

Im Juli scheint in Norwegen rund um die Uhr die Sonne. Weshalb ich mir schon sehr früh Gedanken gemacht habe, wie ich da oben den Tag verbringen werde. 10 Stunden gehe ich normalerweise sehr gerne, aber irgendwann muss dann auch Schluss sein. Die hellen Abendstunden möchte ich diesmal – wenn die Gelsen mich lassen – am Ufer verbringen. Ich habe im Februar den Angelschein gemacht, mir nach nächtelangen Internetrecherchen sehr leichte Spinnfischer-Ausrüstung zusammengekauft und werde in Norwegen eine Lizenz lösen, sodass ich unterwegs fischen darf.

 (c) Wikipedia

Auf mein Petri Heil will ich mich allerdings in kulinarischer Hinsicht noch nicht so recht verlassen, weshalb die Proviantplanung dieser Tage den Großteil der Vorbereitungen frisst. Möglichkeiten, etwas einzukaufen, gibt es am Anfang der Tour – und dann erst irgendwann nach einer guten Woche wieder. Nachdem man aber offenbar nach Norwegen (nicht-EU) 10 Kilo Lebensmittel einführen darf, bastle ich gerade zuhause an meinem kulinarischen Grundstock. Ich dörre Knoblauch und Paprika, koche verschiedene, als besonders outdoortauglich kolportierte Rezepte nach, und probiere, was mit meinem Kochgeschirr geht, und was nicht.

Ich habe obersteirisches Eipulver (danke Ellinor & Uli!), Wiener Gastro-Milchpulver, gedörrte Eierschwammerl aus Kärnten, markokkanischen Instant-Couscous, 10-Minuten-Reis vom Onkel Ben, Sterz, Mehl, Sojagranulat und viele viele Gewürze hergerichtet. Ein luftgetrockneter Gurktaler Speck kommt noch mit, Parmesan aus Tarvis … und was halt sonst noch ewig haltet. Für die abendlichen Sauforgien gibt’s Schwarztee mit Traubenzucker, vielleicht nehm ich aber auch eine kleine leichte Flasche Hochprozentiges mit – bis 60 Prozent darf ich, hab ich alles schon recherchiert.

Aber Einkaufen ist leicht, mehr Sorgen macht mir das Equipment.

Diese Woche habe ich Bannock gebacken. Das ist jetzt nicht weissgottwie anders als jedes andere Brot mit irgendeinem Treibmittel, aber wenn man im Internet nach “Outdoor-Brot” sucht, wird man unweigerlich bei Bannock landen, denn das ist quasi der Übertitel für das Trapperbrot, das man sich mit etwas Mehl und Backpulver schnell unterwegs backen kann. Backpulver wohl deshalb, weil es zu den Zeiten, wo man üblicherweise die Küche anwirft, zu kalt ist, um einen Germteig ohne “warme Stube” gut aufgehen lassen zu können. Also habe ich das nun auch einmal probiert, obwohl ich seit rund 10 Jahren auch daheim alles Brot selber backe und noch nie auf die Idee gekommen wäre, dafür Backpulver zu nehmen.

Bannock

Als Outdoorkoch hat man ein grundsätzliches Problem: Da das Kochgeschirr so leicht wir nur irgendwie möglich sein soll, ist es in der Regel aus Aluminium oder Titan – und äußerst dünn. Egal ob man nun mit Gas oder Benzin oder Spiritus kocht, die Hitze kommt direkt aufs “Gargut”, denn die dünnen Wände leiten die Temperatur punktuell (also am Pfannenboden) und ohne große Streuung an das Essen weiter.

Das ist beim Brotbacken blöd, denn so schnell kann man gar nicht nachschauen, pickt der Teig am Boden und verbrennt – während der restliche Teig noch nicht einmal lauwarm ist. Nun, da ich daheim das selbe Thema habe, und seit vielen Jahren mit Backpapier sowohl die Brotform (kärntnerisch “Simperl”) als auch dann später das Backblech bedecke UND damit sehr gute Erfahrungen gemacht habe, habe ich nun auch mit dem Titan-G’schirr ausprobiert, ob man mit Topf & Deckel einen Backofen simulieren kann.

Also, so stelle ich mir mein Frühstück in einem Monat vor. Man nehme ein Stück Butter, und werfe den Gas-Ofen an ….

Eine Teigschüssel werde ich wohl nicht mitnehmen, also muss mein Trinkbecher herhalten. Das ist ein klassischer Sea2Summit Faltbecher, der bis zur zweiten großen Falte von oben ca. 15 dag Mehl fasst – das kommt gut hin, wenn man einen Viertelkilo Brot haben will. Wasser, Salz, Backpulver und je nach Belieben Knoblauch, Rosmarin, Brennesselsamen, Speckwürfel, Käse, wasauchimmer dazu. Zum Probieren wurde es die Basisversion mit Salz und Backpulver:

Nur Brot alleine macht nicht glücklich, also habe ich mir zum Ausprobieren eine frische Forelle gekauft. Zwei Tage vorher habe ich Knoblauch gedörrt, denn Knoblauch nehme ich heuer seeehr viel mit (Gelsenschutzmittel). Rechts im Bild der trockene Knoblauch, und links derselbe Knoblauch nach 5 Minuten im Wasserbad:

Es ist erstaunlich, wie knackig Obst und Gemüse wird, wenn man das zuvor entzogene Wasser wieder hinzufügt. Man möchte meinen, Bananen, Äpfel, Erdäpfel, Habanero usw. wären nach dem Einweichen lätschert – das Gegenteil ist der Fall – selbst schrumplige Paprika, die man dörrt und danach wieder bewässert, sind danach knackiger als sie vorm Dörren waren.

Zurück zur Forelle. Da hat mich ein junger Mann auf Youtube überzeugt, dass ich mir da nur ein Rezept merken muss: Viel Butter, Forelle rein, knusprige Forelle raus, Forelle und Butter mit Brot servieren. Gesagt, getan!

 

 

… frischer Fang …

… brutzelbrutzelbrutzel …

 

… und fertig! Zum Brotbackofen fehlt jetzt das Foto, weil ich durch den Topfdeckel eh nicht reinfotografieren kann. Aber obiges Foto (mit Butter am Backpapier), Teig rein und Deckel drauf.

Geschmeckt hat’s großartig, auch vom Kochen her war’s nicht unlösbar (auch nicht vom Pfannenboden). Ganz ohne Anbrennen ging’s nicht, aber das war jetzt nicht wirklich schlimm, so wie das “Anbrennen by Design” beim Grillen – “Röstaromen” heißt das dann glaubich.


(*) Tatsächlich ist das Nordkapp zwar mit dem Auto ein günstiger Punkt mit Blick auf das Nordmeer, rein geographisch gibt es aber sogar auf der Insel selbst nördlichere Punkte, die allerdings nur zu Fuß erreichbar sind. Aber wie gesagt, alles auf einer Insel. Der nördlichste Festlandpunkt befindet sich auf der Halbinsel Nordkinn, und da verirren sich außer ein paar Wanderern keine Touristen hin.

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Last modified: 21. Juni 2018
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