Für einen Kärntner ist der Karnische Höhenweg zweifellos der schönste im ganzen Land. Außerhalb Kärntens stellt jedoch das Tiroler Oberland den Sieger in der Kategorie “Alpine Mehrtagestouren“.
Öffentlich erreichbarer Ausgangspunkt für die Durchquerung der Lechtaler Alpen ist Zürs am Arlberg. Der mondäne Schiort ist im Sommer völlig tot: Leere Bettenburgen, kein Mensch zu sehen.
Kann mir aber egal sein, denn nach zweihundert Höhenmetern quer durch die öde Pisteninfrastruktur öffnet sich ein schönes, vom Trubel verstecktes Seitental, an dessen Ende hoch oben als kleiner Punkt das – meist gut gebuchte – Stuttgarter Haus thront.
Da ich mit Matte und Schlafsack unterwegs bin, reserviere ich nur selten einen Lagerplatz. Sollte eine Hütte wirklich aus allen Nähten platzen, ist’s mir eh lieber, wenn ich mir draußen ein Plätzchen suchen kann, anstatt mich irgendwo dazwischen hineinquetschen zu müssen.
Meist kommt es aber eh anders: Der sympathische Hüttenwirt wurde mir gleich noch viel sympathischer, als er mir den Schlüssel für ein unvorhergesehenerweise frei gewordenes Zimmer in die Hand drückt. Ich bedanke mich, indem ich von der Speisekarte die Seiten drei, vier und sieben bestelle.
Gut gestärkt geht es am nächsten Tag über den Robert Bosch Weg auf die Vallugaspitze – mit beeindruckendem Rückblick auf die ersten Meter des Lechtaler Höhenweges.
Der alpine Steig ist fast ausschließlich in der Geländekategorie “schwarz” gehalten, weshalb ich für zukünftige Begeher auch ein paar Bilder der anspruchsvolleren Passagen einstreue.
Seilgesicherte Stellen gibt es zuhauf, sodass man am Abend die Hände bald mehr spürt als die Haxen.
Mein nächstes Quartier, das Kaiserjochhaus, ist ebenfalls sehr nett. Für den langen nächsten Tag bekomme ich ein üppiges Thermofrühstück – mit Widmung!
Doch ein Gewitter vereitelt den geplanten frühen Start, weshalb ich mich erst mit Sonnenaufgang auf den Weg mache.
Der stundenlange Starkregen hat dem Weg zugesetzt.
Für die kommenden zwei Nächte sinkt die Schneefallgrenze unter die Seehöhe der nächsten Hütten, weshalb ich zwei Schreibtischtage in Wien einschiebe.
Zurück in Tirol setze ich den Höhenweg beim Württemberger Haus fort. Der Abstieg von der Ansbacher Hütte und der lange Wiederaufstieg entschädigt nur teilweise für den Ausfall des entgangenen Höhenwegabschnittes. Ein kurzes Stück bin ich auf dem Fernwanderweg E5 unterwegs – und bin heilfroh, ihn nach zwei Stunden wieder verlassen zu dürfen. Der E5 ist die einfachste Möglichkeit, zu Fuß die Alpen zu überqueren – und dementsprechend gut besucht. Die Memminger Hütte, von der mir in dieser kurzen Zeit gezählte 78 Leute entgegenkommen, ist noch wochenlang bis auf den letzten Platz ausgebucht. Wanderer, die das T-Shirt ihres Lieblingsfußballvereins tragen, grüßen mich um 2 Uhr nachmittags mit “Moin, moin, wack’rer Wandersmann”.
Doch mit Erreichen des Württemberghauses stellt sich sogleich bergsteigerisches Wohlbefinden ein. Hier der Blick von der Terrasse runter nach Zams/Landeck.
Vier Scharten gilt es am nächsten Tag auf dem Weg zur Steinseehütte zu durchkraxeln. Alle haben einen Handlauf aus Stahl, der Wegverlauf entscheidet sich scheinbar spontan:
Wie immer wird dann nicht so heiss gegessen. Die Wege sind derart gut in Schuss, dass es richtig Spaß macht.
Normalerweise zeichnet sich Freund Günther für meine Nahtoderfahrungen verantwortlich, doch diesmal trifft ihn keine Schuld, wenn ich bei jeder sich bietenden Gelegenheit die alpinere der beiden Varianten wähle. Womit ich im Entscheidungsfall dem Nordalpenweg treu bleibe, und nicht so gehe, “wie der Adler fliegt”.
Die quasi senkrecht abfallende Rosskarscharte ist die Kür des Tages, bergauf ist’s aber halb so wild.
Über Scharte Nr. 5 kommt man zur netten Hanauer Hütte. Alle Hütten hier bieten großartiges Terrassenpanorama.
Ich nächtige am Fuße des Hahntennjoches.
Mit dem Erreichen der Anhalter Hütte endet mein Besuch der Lechtaler Alpen.
Ich verlängere noch zur Tarrentonalm…
… und fühle mich am Ende dieser großartigen Tour dem Kaindl Much in Gedanken ganz nahe.
Mahlzeit!
ich habe ihn ost-west gemacht. ich stimme Dir zu: einer der besten Wege weit und breit. zwischen einsam und überlaufen
Der steht mir noch bevor. 🙂
Und btw: die München-Venedig-Wanderer stehen den E5ern um nichts nach.
Danke für die e schöne Erinnerungsauffrischung! 🙂 und Martin hat vollkommen recht! Die Memminger quoll über und am nächsten Tag hätte ich halb blind auch nur der bunten Ameisenstraße folgen müssen… Landschaftlich aber ein Highlight! <3
GlG, carmen
Danke für den flockig-leichten Bericht.
Fotos auf meinem Blog schon bis 26. 7. nachgebloggt.
Lg Volker
Bua, Bua, wennsche nuar güat hoam kimmsch!!!!!!!!!!!!
Sicher – wenn’s was guat’s zum Essen gibt, kannst Di auf mi verlassen!
Hallo Martin,
ich war auch erst vor kurzem in dem Gebiet, genauer in Lech am Arlberg. So herrlich die Berggegend. Den Berg Valluga hatte ich nicht gemacht aber andere wzb. den Hausberg vom Lech – das Omeshorn oder den bekannten Berg Mohnenfluh.
Die Tour Valluga ist wirklich nicht ohne.
Und super finde ich den afumerksamen Zetterl in der Früh von der Hütte Kaiserjochhaus. 🙂
Auf jedenfall gibt es noch viel zu entdecken. Danke für deinen schönen Bericht.
Viele Grüße
Conny
Also dort in die Gegend fahr ich sicher nochmal hin!
Hab gedacht, du gehst noch weiter. Da war’s nichts mit einer Begegnung. Ich fahr gerade von Ehrwald heim. Die vier Tage vom Achensee bis zur Zugspitze waren auch toll. Lg
Ja, jetzt bleibt mir nur mehr das, was Du schon hast – die Strecke Höchkönig – Loferer – Leoganger Steinberge.