Written by 20:25 Österreich, Kärnten, Mehrtagestour • 2 Comments

Gailtaler Höhenweg: Überschreitung Spitzegelgrat

1. Tag: Jadersdorf – Obervellacher Alm (Auf-/Abstieg 1700/700 hm, ca. 15 km)
2. Tag: Obervellacher Alm – Pressegger See (Auf-/Abstieg 700/1800 hm, ca. 12 km)

Heute geht’s auf einen Abschnitt des Gailtaler Höhenweges, mit dem ich seit 2011 eine Rechnung offen habe. Damals habe ich mit Zelt den Weg von Osttirol zum Dobratsch einigermaßen gut gemeistert, aber für die wirklich hohen Berge war ich (im Mai bei Altschnee) zu feig (Tourenbericht hier).

Ich kann mich noch gut erinnern, wie ich damals Freund Andi gefragt habe, welche Probleme mir in diesen 8 Tagen begegnen könnten, und er hat irgendwas von “Trinkwasser” geredet, während ich vor jedem Egel am Weg einen Heidenrespekt hatte.

Also spulen wir die Uhr 12 Jahre nach vorne: Losgehen tut es diesmal im Tal (von Jadersdorf zur Jadersdorfer Ochsenalm und Kohlröslhütte) – und es heißt erst einmal, die Höhenmeter hinauf zum Gailtaler Höhenweg abzuarbeiten. Ab der Jadersdorfer Alm ist man prinzipiell oberhalb der Waldgrenze:

Begleitet werde ich heute von Freundin S. – eine von zwei äußerst gängigen Berggämsen, mit denen ich dieses Wochenende gemeinsam bestreiten darf. Die zweite Gams wird allerdings erst unterwegs zu uns stoßen.
Wir wandern also am Anreisetag noch zu zweit gemütlich an der Kohlröslhütte vorbei auf den Golz zu:

Auf dem Westanstieg zum Gipfel, den uns Gams II empfohlen hat, ist man fast immer hintrisch unterwegs, weil der Ausblick auf Reißkofel links und Weissensee rechts einfach so genial ist:

Vom Golz-Gipfel (2004 m) sehe ich nach rund 1300 Höhenmetern die erste Möglichkeit auf ein kühles Bier heraufschimmern – und TATSÄCHLICH, die Radniger Alm (1554 m) – eine Dreiviertelstunde unter uns – lässt diesbezüglich keine Wünsche offen.

Gams I ist Bier ist ungleich weniger heilig als mir. Sie eilt von der Radniger Alm zu unserem Nachtquartier voraus, während ich – nach Biergenuss gut gelaunt – noch einen Besuch auf dem Möschacher Wipfel (1911 m) einschiebe, den mir Gams II in den letzten 12 Stunden sicher mindestens drei Mal ans Herz gelegt hat … ZU RECHT – weil ich mir einen Haxen ausfreu’, wie da oben statt einem Gipfelkreuz ein origineller Krummstab steht.
Also lass’ ich den Krummstab unseren morgigen Ostgrat abstauben …

… um mich dann doch von der großartigen Aussicht rundherum zu lösen und mich zu unserem Quartier aufzumachen. Im Bild unser morgiger Weg, und in der Mitte unten …

… die Obervellacher Alm, die uns Andi (Gams II) vermittelt hat (übrigens bemerkenswert, wie sehr sich die beiden Hütten von ihrem Hausberg ähneln – siehe Foto von der Radinger Alm oben).

Supersympathisch geht’s hier zu. Am Abend sind wir Selbstversorger, nicht ohne dass uns (Senner) Hannes ein Lagerfeuer (!) vorbereitet hat. Also Füße ausstrecken Richtung Karnische Alpen …. Ausblick auf die ganze Welt, riesiger Jausenteller, offener Getränkekeller. Gams I wird es später treffend “wie vom Universum bestellt” zusammenfassen.

Nächster Morgen – gleiche Blickrichtung: Regenbogen und Erna:

Gams II (Andi) hat sich für 07:30 angekündigt. Und tatsächlich – er biegt um die Ecke und steht kurz danach vor uns wie der Road Runner – beep beep!

Auch Gams I scharrt schon in den Startlöchern – in typischer August-Robe:

Also auf geht’s Richtung Spitzegel. Andi aka Gams II ist als Wegewart der Alpenvereinssektion Hermagor der “Hausmeister” hier auf den Egeln. Markierung und Hinweise sind perfekt auf das Sommerpublikum abgestimmt. Bei diesem Schild gehört das Copyright allerdings dem Hannes:

Es geht flott nach oben. Den letzten Abschnitt auf den Spitzegel bildet ein schrofiger Kamin. Mit allen Zwölfen …

… erreichen wir gemeinsam den Gipfel des Spitzegel (2119 m), wo Andi die letzten 20 Höhen-Zentimeter einbeinig auf dem Grenzstein für sich reklamiert. Unter uns das gesamte Gailtal.

Vom Gipfel haben wir zudem den weltgroßartigsten Blick, den man auf eine Tagestour überhaupt haben kann: Andi hat bereits angedeutet, dass es “grundsätzlich möglich ist, immer ganz oben zu bleiben”.
Und ab da war auch klar, dass Gams I nichts anderes mehr für das kommende Tagesprogramm akzeptieren würde 🙂

Also auf geht’s, hurra die Gams’n, immer dem linken Bildrand entlang:

Ich bin da in diesem Dreierteam heute mit Abstand der Lebensbejahende. Aber was soll’s, gemma’s an, denn …

… eine bessere Chance, mit zwei solchen Steilwandkapazundern über die Gailtaler Gipfelgrate ziehen zu dürfen, bekomme ich sicher nie wieder.

Also lasse ich mich von den zwei Gamsen sogar noch zur (weglosen) Gratüberschreitung der Kriebenhöhe (2065 m) überreden.

Auf der anderen Seite geht’s für ein kurzes Stück unerwartet gemütlich dahin …

… bevor wir dann das einzige Mal heute auf die Nordseite wechseln …

… um vom Gipfel Nr. III, dem Vellacher Egel (2108 m) auf unsere beiden anderen gemeisterten Gipfel zurückzuschauen.

Die vordere Zahnreihe der Gailtaler Alpen liegt nun hinter uns …

… und es geht über den Gaumen gemütlich runter Richtung Pressegger See.

Unterwegs gibt es einen ganz tollen Einblick in die “unsichtbare” Arbeit der ehrenamtlichen Alpenvereinsleute: Auf einer Wegstrecke von zwei ganzen Arbeitstagen (!) wurde kurz vor dem Vellacher Sattel eine Gasse durch die Latschen freigeschnitten, damit Wanderer nicht links oder rechts am Latschenfeld vorbeimüssen.

Hintergrund: Auf beiden Seiten leben Gämsenherden – die zwei investierten Arbeitstage durch die Latschen sorgen nun dafür, dass die Gämsen künftig gar nicht mehr mitbekommen, wenn Wanderer über den Grat ziehen.

Vom Vellacher Sattel sind es dann doch immer noch 2 1/2 Stunden runter ins Tal. Doch Andi kennt das Gelände in- und auswendig, und stampfte anstelle eines faden Forstweghatschers einen abwechslungsreichen Mix aus Geologie-, Botanik- und Survivalkunde aus dem Wettersteinkalk.

Im Talboden ein Brunnen – was für ein Segen! Denn ein paar Meter weiter wartet Gams III auf uns, um uns – nun “geduscht” – zum Startpunkt zurückzubringen (DANKE!!!). Im Auto sind dann alle drei Berggämsen vereint und gustieren bereits mit einer Tagestour über die gesamte Strecke. Ich strecke auch – nämlich meine Füße aus und freue mich auf das Belohnungsbier daheim 🙂

Zum Abschluss das Ganze nochmals von oben:

Mahlzeit!

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Schlagwörter: , Last modified: 29. August 2023
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